Schwemmholz

Er lag im Wasser, sicher 15 Meter lang, gelb, ohne Äste und Rinde, der Wurzestock ragte zum Ufer hin.
«Wir ziehen ihn raus, er kann nicht hier bleiben. Ich hole die Motorsäge und wir zerkleinern ihn.»
Die letzten paar Wochen stürzten immer wieder sintflutartige Regengüsse über die Region hernieder, die Pegel der Flüsse waren hoch, die Böden aufgeweicht; es brauchte nicht viel, und die Bäume rutschten ab, wurden weg gespült und trieben auf dem See, bis sie irgendwo am Ufer strandeten. Normalerweise lagen nur kleine Äste oder Baumstämme im seichten Wasser, die sich ohne Probleme bergen liessen, dieser hingegen, ein stattlicher Riese würde nicht so leicht aus den Klauen des Sees zu holen sein.
«Was meinst du, was es ist? » «Hm, vielleicht Birke. Nein, eher nicht, Erle oder Pappel. Woher kommt er?» «Bua, vielleicht vom Naturschutzgebiet dort drüber. Bei Hochwasser rutscht das Ufer weg und nimmt die Bäume gleich mit.»
Die Seilwinde war in die Kellermauer eingeschraubt, oberhalb des Bootes und des Baumes; sachte wurde der glitschige Stamm aus dem Wasser gezogen, bis mit der Säge der Baumstrunk mal abgetrennt werden konnte. Der Versuch, ein paar Stücke abzutrennen, scheiterte an der Dicke des Stammes und an der Stumpfheit des Sägeblattes.
«Est ce que vous comprenez le français? Est ce que vous voulez acheter du bois?» Das Boot war näher gekommen und sein Besitzer, ein Waliser Tourist von nebenan, versuchte das Schwemmholz, das vor seinem Haus lag, den Nachbarn zu verkaufen.
«Früher war das Dorf arm, nur oberhalb vom See in Vairano war das Land flach genug, um ein bisschen Landwirtschaft zu betreiben. Die Häuser dort oben sind in den Hang hinein gebaut, damit kein Ackerland vergeudet wird. In den Wäldern suchten Ziegen und Schafe nach Futter, die Familien sammelten Kastanien. Unten im Weiler Casenzano lebten nur ein paar Fischer. Das Holz aus dem See wurde gesammelt, zerkleinert und verkauft. Erst mit der Strasse und der Bahn verlagerte sich der Schwerpunkt nach unten. In diesem Haus war die Poststelle des Dorfes, betrieben von meinem Grossvater; heute gibt es keine mehr, nach der Fusion der Gemeinden müssen die Menschen ins Nachbardorf fahren, wenn sie wichtige Geschäfte tätigen wollen. Ansonsten verkauft der kleine Lebensmittelladen Briefmarken und nimmt Pakete entgegen.»
Nach der Rauchpause wurde ein weiteres Stück an Land gezogen und abgetrennt.
«Tja, das Holz wird zerkleinert und gestapelt, im Winter hole ich es für das Cheminée; eigentlich reicht das Holz aus dem See, um das Haus zu heizen. Ich glaube, wir hören auf, es beginnt wieder zu regnen. Ich werde morgen weiter machen. »
«Neulich kam die Wasserschutzpolizei und forderte die Anwohner auf, das Holz wegzuräumen; es sei eine Gefahr für die Schifffahrt.» Eine weitere Gewitterfront war vom Süden hergezogen und verhüllte das Ufer mit seinem grauen Schleier. «Man kann das Holz von der Gemeinde rausholen lassen, was aber eine Gebühr kostet. Oder man versucht, es zu verkaufen, wobei eigentlich niemand es mehr haben will. Es ist zu mühsam, daraus Brennholz zu machen; auch die Gemeinde bringt es nur in die Verbrennungsanlage. »
Da lag er am Ufer, zerkleinert in 6 Stücke, ein Geschenk des Sees.

Città della pioggia

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Auf der Intensivstation

Vor gut 40 Jahren war der See am Ende; die Oberfläche war bedeckt durch Algen, die tiefen Wasserschichten waren ohne Sauerstoff, die Fische starben. Ausgelöst wurde diese Situation einerseits durch die Lage des Sees (fehlende starke Zu- und Abflüsse, keine Zirkulation von Talwinden, zu geringe Seetiefe), andererseits durch die viel zu hohe Phosphorbelastung des Wasser durch Landwirtschaft und Siedlungsabflüsse.
Dringende Massnahmen waren erforderlich: Zuleitung der Siedlungsabwässer in eine Kläranlage, künstliche Sauerstoffbelüftung des Sees, Sanierung des Nachbarsees im Süden, Anreize für die Landwirtschaft, die Phosphatdüngung zu vermindern.
Und heute? Der See sieht viel besser aus, noch nicht gesund, da das Wasser immer noch etwas trübe ist, aber dennoch tummeln sich viele Badegäste im Nass und geniessen Wassersport, Planschen oder Rumhängen.
Der Rundweg führt durch unverbaute Uferlandschaften, öffentliche und private Badenanstalten, vorbei an Naturschutzgebieten, Rebbergen, Weizen-, Raps- und Zuckerrohrfelder, vorbei auch an einem der wenigen Wasserschlösser des Landes, dessen Besuch aus Zeitmangel auf ein anderes Mal verschoben wurde.

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giardinaggio

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calientar los motores

Kaum erstrahlt die wärmende Vorfrühlingssone die Landschaft, zieht auch der Stausee Klingnau wieder Massen von Ausflüglern an: Velofahrer, Skater, Joggers, Spaziergänger, Familien mit Kindern, Hunde mit Herrchen oder Frauchen; alles müht sich auf der Teerstrasse rund um den See, einige mit Ferngläser bewaffnet, um der Vogelwelt bei Treiben draussen auf dem Wasser zuzusehen, andere mit Kamera, um das Treiben der Menschen zu dokumentieren.

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Das Städtchen Klingnau liegt oberhalb auf einem Hügel, fristet heute ein Dornröschen Dasein, war aber zur Zeit seiner Gründung ein wichtiger Handelsort für den Warenverkehr von Norden nach Süden.

Schrödingers Katze

Die Gruppe ging noch zur Brasserie les troid rois, wo ein Tisch für den späteren Abend reserviert war; die stilvolle Bar war voll, so führte die Serviceangestellte sie vorbei am Pianospieler auf die Terrasse.
Es war noch Zeit, der Blick schweife über den nächtlichen Fluss auf die andere Stadtseite, das Gespräche drehte sich über Medizin, Fettstammzellen, Verbrennungen, Rekonstruktion und Forschung. Die Mutter war sichtlich stolz über das Erreichte, auch der anwesende Chefarzt fand nur lobende Worte, derweil der Neffe in seinem Anzug versuchte, sich den mütterlichen Erwartungen zu erwehren, andererseits den ehemaligen Chef nicht zu vergraulen, der ihn am liebsten wieder zurück an die Klinik geholt hätte.
«Was möchten Sie trinken?»
Die Getränkekarte entsprach dem Etablissement, auswahlreich, gespickt mit unbekannten Namen.
«Einen Gin Tonic bitte. Was raten Sie? »
«Oh, wir haben eine riesige Auswahl, aber ich empfehle Ihnen Schrödingers Katze, er ist der beste.»
«Schrödingers Katze? Wie amüsant. Wissen Sie, was denn Schrödingers Katze bedeutet?»
Der Versuch einer Erklärung war gar nicht so einfach, da das Zeugs auch schon eine Ewigkeit zurück liegt und auch dieses trickreiche Gedankenexperiment aus der Physik schon ziemlich in der Dunkelheit des Vergessen  angelangt war.
«Anyway, bringen Sie mir Schrödingers Katze»
Der Abend endete dann im St. Johann, nicht ganz die gleiche Kategorie wie die Brasserie, in einer anderen Gesellschaft und bei nicht ganz gleichen Getränken.
Wenigstens bei der Gin Firma bewies jemand Humor, aber er schmeckt wirklich gut.

Porta Garibaldi

Der Zug war überpünktlich, was in Italien selten ist; das könnte damit zusammen hängen, dass die Regionallinien mit der Schweiz zusammen betrieben werden, wodurch der krankhafte Pünktlichkeitswahn der Schweizer etwas auf die Italiener abgefärbt hat.
Sie würde verpätet eintreffen, was kein Problem darstellte, da die Zigaretten alle waren und in einem Tabacchi deren neue gekauft werden mussten. Tatsächlich fand sich im Bahnhof einen solchen, er war allerdings geschlossen; an der Türe klebte ein Zettel ‹riturno subito›, was bei einem englisch sprechenden Touristen, der ebenfalls Zigarretten kaufen wollte, ungläubiges Staunen hervor rief. «incredible» murmelte er, verharrte aber vor der geschlossenen Türe in der Hoffnung, dass der Verkäufer jeden Moment zurück kommen würde.
Ihre Wohnung ist wirklich hübsch, Wohnküche, Schlafzimmer, Dusche, schräge Wände, untergebracht in einem ehemaligen Beamtengebäude in einem Aussenquartier der Stadt. In der Küche steckt auch die Waschmaschine, was in den südlichen Ländern üblich ist, die Wäsche wird zum Trocknen einfach draussen vor dem Fenster oder über die Gasse aufgespannt.
Sogar Tramlinien gibt es immer noch, der Fuhrpark ist allerdings veraltet, was aber kein Grund war, darauf zu verzichten, da die Linie bis ins Zentrum zum Domplatz fährt. Trotz Pandemie gab es Besucher auf der Strasse, die Masken tragend den Musikern auf den Gehsteig zuhörten, durch den Blumenmarkt schlenderten, den warmen Herbsttag im Park genossen oder draussen einen Kaffee tranken. Es scheint ein normaler Tag wie jeder anderer gewesen zu sein.

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Der Rucksack fühlte sich auf der Rückfahrt doch sehr leicht an, die Schokolade und Rösti waren pflichtbewusst der Tochter abgeliefert worden; es gibt eben doch Dinge, die sie vermisst.

Courtepin

Es war Zeit für einen Kaffe; das Restaurant Cafè du gare hatte geschlossen, aber neben an war eine kleine Cafeteria offen, wo das Gewünschte erhältlich war. Wenigstens regnete es nicht mehr; am Morgen früh musste der innere Faulpelz schon stark bekämpft werden, der lieber in der warmen Küche geblieben wäre und sich wieder unter Decke verkrochen hätte. Aber versprochen ist versprochen!

M: «Und wieder schlägt der Geburtstagskalender zu👍👍 Die Person lebt schon des längeren in einer anderen Diaektregion, was sich in z. B. Wörter wie Jooooo oder Jä nieder schägt. Lustigerweise hat heute auch noch ein Fussballer aus dieser Region Geburttstag. Beide sind gleich alt. Ob das wohl Zufall ist? 😂😂😂»
Ma.»Zum Glück erinnerst du mich dran!!!»
Ma:»Happy Birthday Prof. J»
S:»Embolo?»
Sa:»Sherdan!!!»
Ma:»Alain Sutter?»
V:»Happy birthday! 🧸🍾🥳☀»
M:»Bingo😊 dein zukünftiger Schwager😂»
Sa:»Sherdi ❤️»
E:»🎈Happy Birthday 🎈😘»
J:»Vielen Dank! noch 2 kleine funfacts zu sherdi und mir: er ist wirklich exakt gleich alt wie ich und sogar gleich gross, nämlich 1.68m. bei der Muskelmasse gibts noch kleine Differenzen.»
Si:»Haha»
A:»Alles Gueti 🎂🥳»

Courtepin liegt etwa auf der Hälfte der Strecke, ein nichtssagendes Bauerndorf mit 2 Getreidesilotürmen, einer grossen Fleischverarbeitungsfabrik, die einem landesweiten Detailhändler gehört. Irgnedwo jenseits des Hügels würde die Sprachgrenze verlaufen, was man den Tieren auf den Feldern aber nicht ansieht.

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Eine Besichtigung der hübschen Kleinstadt am See lag nicht mehr drin, weil einerseits bald das Hockeyspiel in der Kantonshauptstadt starten würde, und andererseits die Müdigkeit in den Knochen langsam spürbar wurde, weswegen die Wanderung mit Bier und Pasta in der Bundehauptstadt abgeschlossen wurde.

M:»He all, thanks a lot for the day. Es war hart, aber 👍👍👍👍»
B:»hart? so weich geworden, martini 😂😉?
M:»Ja leider😥😥😥»
B:»ne, scherz, war schön! next time vllt. ein bisserl weniger züri-talk, zür interessiert keine sau, martin! 😉 aber sonst easy! 👍»
V:»👍 war erstaunlich positiv 😉
Und wir hören doch immer gerne die neuesten Gerüchte aus dem Osten / kapitalistischen Elite…
Schöner Sonntag
«
B:»ach komm, die ‹tremp›-schallplatten sind doch auch immer die gleichen! no offense, martin, aber isso! 😅»
V:»Ich muss dir das nächste Mal wirklich einige Bücher zum Thema Diplomatie mitbringen…»
B:»i.e.: es gibt keine neuen gerüchte von der kapitalistischen elite, alles beim alten! 🙂»

Rosenstadt

Das ist sicher bitter für die Zürcher, dass sie diese hübsche, am See gelegene Stadt niemals erobert haben.

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Senderismo

Wandern statt Strand, Camping statt Stadt, Bier statt Mojito, Covid hat auch das Jahrestreffen total durcheinander gewirbelt. So wankte die Gruppe der Via Verzasca entlang nach Lavertezzo, entlang des wilden, abwechslungsreichen Baches, vorbei an den alten Steinhäusern, den türkisgrünen Wasserstellen, wo wagemutigen Touristen im kalten Nass badeten. Unterwegs mit vielen anderen Wanderern und Bikers fand sich dann doch diese kleine Restaurant in Gerra, einladend, eine kleine Mittagspause einzulegen.

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Das Tal ist kein wirklicher Geheimtipp mehr, aber wild, romatisch und wunderhübsch; und trotzdem schräg, dass statt des üblichen Brain Resets nur die Muskeln etwas schmerzten. So gesund und fit hat man sich noch nie bis zum nächsten Jahr verabschiedet.

Noch ein bischen Werbung für unsere italienisch sprechende Freunde.