Irgendwie nervte ihn diese kleine Fussel, die da am Ärmel der Jacke hing, und er wischte sie weg. Seine beiden Freunde starrtten ihn verständnislos an, zumal er in der Vergangenheit nicht besonders durch Putzeifer aufgefallen war und diese Arbeit damals lieber den anderen überlassen hatte. Entschuldigend hob er seine Schultern und meinte, dass da wohl die norddeutschen Gene seiner Mutter langsam durch schlägen und die Tessiner Leichtigkeit verdrängen.
Die Photoausstellung im neu erbauten Kunsthaus war etwas enttäuschend; da waren unter Vitrinen Photoalben hingelegt, die das Sammlerehepaar auf Flohmärkten und Auktionen erworben hatte und wahrscheinlich auf Grund irgend eines Bekanntheitsgrades in der Stadt dem Publikum zeigen durfte. Es war konzeptlos, was geboten wurde, ein paar Videoinstallationen und Einzelbilder über das Alltagsleben irgendwo.
Egal, die Photos traten schnell in den Hintergrund, als draussen am Flussufer in einer Strassenbeiz die ersten Biere flossen und wie üblich nach dieser langen Zeit die damalige WG als Schmelztiegel des Gespräches fungierte.
Auch später im nächsten Lokal in der Innenstadt beschlich einem das Gefühl, dass da drei Freunde sassen, gescheiterte Existenzen mit zerbrochenen Beziehungen, Relikte der damaligen Zeit, wo alles Intellektuelle möglich schien, verloren in ihrer Naivität, ohne zu merken, dass die Gesellschaft schon längst ihre Normen gewechselt hat.
Fussel oder Fusel?