Rückblickend betrachtet waren meine damalig neuen chinesischen Verwandten Blutsauger; da kommt der Neue aus dem Westen, und Westen wird mit Geld, Luxus und was weiss ich assoziert. Quit ergo, auch der neue da schwimmt im Geld, was natürlich damals überhaupt nicht stimmte; das Geld für die Reise schuldete mir mein Bruder, weil er eine Wette verloren hatte, das Flugticket für Shuqing bezahlte ich. Aber eben, bei den Diskussionen über Einkommen und Preise muss ich ihnen wie der Prinz von Persia erschienen sein, dabei war ich damals arm wie eine Kirchenmaus.
So, ich musste für alles bezahlen, für das Übernachten bei ihnen, für die Reise ins Landesinneren, für den neuen Fernseher und was weiss ich. Das einzige, was ich gerne bezahlte, war das Essen für alle zusammen, wobei mir beim Anblick der Leute nie klar wurde, wie diese eigentlich miteinander verwandt waren. Es war erstaunlich, dass in einem sozialistischen Land wie China ein totaler Wild West Kapitalismus ausbrach; solange die staatliche Ordnung nicht in Frage gestellt wird, kann man machen, was man will. Das Motto ist: reich werden ist keine Schande.
So begannen auch sie, Immobilien zu kaufen, nota bene ohne über die Geldmittel zu verfügen. Es ist wie Lotto spielen: man kauft irgend eine Wohnung, wohnt nie drin, und verkauft diese wieder, wenn die Preise gestiegen sind. Dieser Wildwuchs veranlasste die Regierung, den Erwerb einzuschränken; d.h. pro Ehepaar darf nur eine zusätzliche Wohnuung gekauft werden, worauf sich mein damaliger Schwager scheiden liess, damit seine Frau auch eine Wohnung kaufen konnte.
Als die Banken dann etwas Cash für ihre Investitionen sehen wollten, brachte dies die Verwandten doch in eine gewisse Verlegenheit, und eine schüchterne Anfrage gelangte zu mir, ob denn nicht ich…
Es gibt auch Verlierer, dass sind die älteren Leute, die von einer mickrigen Pension leben und hoffen, von ihren Kindern etwas unterstützt zu werden. Meisten haben diese dann noch etwas Würde, wie mein ehemalig inzwischen verstorbener Schwiegervater.