Der Himmel war bedeckt und es war grau. Der Morgenspaziergang führte in Richtung Neuer Platz und entlang der ehemaligen Stadtmauer; so um 9 strömen die ersten Touristenhorden, die aus aller Welt zu kommen scheinen, Richtung Innenstadt.
Das Frühstück wurde in einem der Restaurants am Rande des grossen Platzes eingenommen; der Touristenaufschlag war happig. Heute waren 2 Events vorgesehen, die ausserhalb der Innenstadt liegen, weswegen wieder so ein kleiner Uber organisiert wurde.
Die Ausstellung in der ehemaligen Email Fabrik, die durch den Film «Schindlers Liste» bekannt wurde, ist der Zeit der deutschen Besatzung 1939-45 gewidmet; auch die Rolle von Oskar Schindler wird gewürdigt, der während des Krieges nach Krakau kam und die Fabrik übernahm. Entsetzt über die Deportationen der Juden nach Auschwitz rettete er über 1000 vor der Vernichtung; etwa 60000 Juden aus Krakow wurden in ein Ghetto gesperrt und ab 1942 in den KZs umgebracht. Traurig über die menschlichen Grausamkeiten verliess ich nach einer Stunde das Museum und wartete draussen.
Neben an ebenfalls auf dem Gelände der ehemaligen Fabrik ist das Museum für moderne Kunst untergebracht, das 2010 eröffnet wurde; die Hauptausstellung ist dem Künstler Jakub Julian Ziółkowski gewidmet; seine Installationen, Skulpturen und Bilder sind speziel und erinnern an die Kunst der 60 Jahre. Andere Werke sind Bilder und Installation von diversen Künstlern aus Krakau, teilweise witziges und lustiges Zeugs.
Nach soviel Kultur und Geschichte brauchte die Gruppe mal eine kleine Bierpause im nahe gelegenen Orzo Restaurant, um auch den restlichen Nachmittag zu planen. Es würde einen Spaziergang an der Wisla bis zum ehemalig jüdischen Viertel Kazimierz geben, also zu dem Ort, der am Vortag nur gestreift wurde. Der Weg entlang des Flusses, der längste des Landes ist hübsch und Auto frei; netterweise sind Lastkähne zu Restuarants umgebaut worden und ermöglichten den dehydrierten Touristen eine kleine Bierpause. Dort verfiel Rodge auch auf die Idee, die hoch stehende Gespräche auf Video zu bannen und der Nachwelt, ich meine Boris und Simon, die leider den Kulturausflug nicht mitmachen konnten, zu senden. Er montierte sein Handy auf einem Balken und zeichnete die nächsten 20 Minuten mal auf; hm, vielleicht sich ja daraus eine Satire schreiben.
Das heutige Viertel wurde von Kasimir dem Grossen im 14. Jh. als eigene Stadt gegründet. Am Ende des 15. Jh. wurde durch ein Dekret der jüdischen Bevölkerung das Wohnen in der alten Stadt verboten; deshalb zogen sie in die Stadt Kasimierz, bauten ihre Läden und Synagogen. Heute ist das Quartier ein beliebter Ausgehort mit vielen Kneipen und Esständen, wo unter anderem die Zapiekanki probiert werden können.
Die Findung des Abendessens ging schnell vonstatten; Vahid wollte polnisch essen und konnte im Old Town auf halb neun einen Tisch reservieren. Das Lokal liegt am Rande des Marktplatzers in der Bracka Strasse; wieder wurde geschlemmt, Ente mit Preiselbeeren in meinem Falle; am Tisch nebenan verschlang ein Pärchen eine riesige Schweinshaxe, eigentlich wäre das typischer gewesen. Naja, nächstes mal.
Der Abend wurde mit Gras, Bier, Whiskey und vielen unsinnigen Gesprächsfloskeln zu Ende gebracht, was weiter nicht verwunderlch war. Die Abrechnung, die Greg noch machte, dauerte unter diesen Umständen länger, aber ich denke, dass die Zahlen grosso modo schon stimmen.