Eine kleine Welt
Um die Ecke erstreckt sich eine kleine Ladenstrasse; sie reicht von der Kreuzung bis zur Tramhaltestelle.
An der Strasse ein Internet Café mit DVD Verleih, meistens Menschen leer, ist mir unbekannt, wie da die Miete bezahlt wird.
Neben dran ein Kiosk mit Aussentheke; geöffnet während der Woche bis 10 Uhr abends lungern an der Theke die Schweizer Quartier Alkoholiker herum, laben an ihrem Bier, reissen dumme Sprüche.
Anschliessend ein kleiner Einkaufsladen, geführt von einer tamilischen Grossfamilie; meistens ist der Senior hinter der Kasse, aber manchmal trifft man seinen Sohn oder seine Tochter an. Die Auswahl ist spärlich, es gibt einfach das Nötigste, Getränke, Esswaren, Kosmetik, Reinigungsmittel und Raucherwaren. Die Öffnungszeiten wurden neulich angepasst, von 7 bis 23 Uhr, 7 Tage in der Woche; die Tochter hat mir mal erzählt, dass der Vater am liebsten 24 Stunden geöffnet haben möchte, was aber auf strikten Widerstand seitens der Familie gestossen sei. Rechts neben der Türe ein kleiner Stehtisch, der meistens von einer Gruppe Tamilen belegt ist.
Der Coiffeursalon neben dran bietet Haarschneiden für 25.- an, ist meistens leer, wenn ich daran vorbei schlendere.
Das angrenzende Ladenlokal ist seit Monaten zur Miete ausgeschrieben; das oliv grüne Papier mit dem Quadratmeter Preis, der Fläche und der Telefonnummer blättert langsam ab.
An der Ecke zur Tramhaltestelle ein griechisches Restaurant; am Sommer mit Gartensitzplatz, etwas lärmig, da die nahe gelegene Stadtautobahn viel Krach verursacht. Dies ist die Heimat der Serben, Kroaten und was auch immer; sie sitzen draussen bei Cafe, Bier und Zigaretten; der Lärm stört sie offenbar nicht.
Eine kleine Welt in einer grossen Stadt.
Dostojewski
Im Rucksack lag zuunterst «Der Idiot» von Dostojewski, ein 1000 starker Schinken, der nur mitgenommen worden war, falls es langweilig werden würde; doch vor der Abfahrt am Abend wurde das Buch den ganzen Tag im Hotelzimmer gelesen. Der Gast war so eingeschüchtert von diesen Menschenmassen und der fremden Kultur, dass er es vorzog, auf dem Zimmer zu bleiben und im Buch zu stöbern.
Manchmal steckte ein Bediensteter seinen Kopf durch die Türe und frage, ob der Gast noch etwas wünsche; der Gast winkte jeweils ab.
Nach Einbruch der Dämmerung wurde ein Taxi bestellt, das ihn zum Bahnhof brachte. Vor dem Bahnhofplatz das Getümmel von Menschen, Autos, Rikschas, Velos, Kamelen, Eseln, Maultieren und Elefanten. Er war gut instruiert worden: «Schnapp dir einen Gepäckträger, diese sind erkennbar an der roten Schulterschärpe. Zeig ihm dein Ticket und bitte ihn, dich zum Bahnsteig zu begleiten.» Der Gepäträckträger wollte unbedingt den Rucksack tragen, was auf Grund des Gewichtes lächerlich erschien.
Auf dem Bahnsteig, über auf ihren Matten hingestreckten, schlafenden Menschen steigend las er auf der Reservationstafel die Liste der Namen; der Name des Gastes tauchte unter seinem Vornamen auf.
Der Zug erhielt 3 Stunden Verspätung; der Gepräckträger wollte sich entfernen, doch der Gast bat ihn zu bleiben, bis der Zug eintreffen würde; er bezahlte ihm 50 Rupies, ein Vermögen für den Gepäckträger, eine Kleinigkeit für den Touristen.
Der Zug mit den Schlafwagen fuhr nach Mitternacht in den Bahnhof ein, der reservierte Wagen wurde schnell gefunden. Erleichtert stieg der Gast in den Zug und winkte dem Träger nach, der in der Menschenasse unter tauchte.
Das Buch, weit gereist, steht heute noch im Bücher Regal.
vino di tavolo
Es sah immer noch gleich aus wie damals, nur der Kinosaal war renoviert worden; statt der harten nussbraunen mit roten Stoff überzogenen Stühlen wurden beigegraue Sessel rein gestellt; auch der Teppich war modernisiert worden.
Draussen im Foyer wie gehabt, rechts der Glaskasten für den Billetverkauf, links die Theke mit Getränken und einer kleine Auswahl an Gebäck. Die schummrigen Lampen an der Decke die gleichen, die Stehtische gab es damals auch schon; langsam setzte wieder die Erinnerung ein.
Obwohl der Film «Lola rennt» vor 20 Jahren ein Kinohit gewesen ist, verloren sich nur etwa 10 Zuschauer im Saal, die Reservation war so ziemlich überflüssig.
«Welchen Rotwein haben sie?»
«Ein spanischer vino tinto und ein italienischer vino di tavolo.»
«Woher kommt der vino di tavolo?»
«Da muss ich nachsehen»- » Aus Sizilien»
«Dann nehme ich ein Glas vino di tavolo» – «Wie teuer?»
«5.-»
«Hier werden offennbar auch die Getränkepreise von der Stadt subventioniert.»
«Ja, der Cafe kostet nur 3.50.»
Der Wein war übrigens zu kalt.
Stone Forest
Wir stapften am Abend durch den Steinpark; eigentlich ist es gar kein künstlicher Park, sondern das Überbleibsel eines 200 Millionen alten Meeres; Regen und Wind haben diese Sandsteinfelsen ausgewaschen, so dass der Rest wie Säulen in den Himmel ragt. Nach 4 Uhr war der Park fast Menschen leer, nur ein Hirt trieb seine Ziegen durch die Felsbrocken, obwohl Tiere innerhalb des Parkes gar nicht erwünscht sind; die Ausnahme ist ein Elefant, der als Dauergast sein Unwesen treibt.
So eine Umrundung dauert etwa 90 Minuten, trotz der beginnenden Dämmerung zeigte das Thermometer immer noch knapp 30 Grad.
Das Hotel lag innerhalb des Areales, die Gästeanzahl war spärlich, da die grosse Horde nur als Tagestouristen durch die Anlage stakt; einige Stellen sind doch recht kritisch, ein Nebenweg führt nach unten in eine kleine Schlucht, eng und niedrig, mit Seilen gesichert. dürfte nicht so jederfraus Sache gewesen sein.
Nahe beim Eingang sprudelte ein kleiner Fluss in einen See, umgeben von Bäumen; dies war der Meeting Point für die Ankömmlinge, nicht nur weil hier die Souvenierläden angesiedelt sind. Wie so oft wartete ich hier, bis die Begleiterinnen sich von dem Kitsch und Klimbim lösen konnten; auf einem Stein rauchend sah ich dem Treiben der Gruppen zu; angeführt von einem Reiseleiter mit Schild oder Sonnenschirm trabten die Herden an mir vorbei. Plötzlich wurde ich aus den Tagträumen gerissen, weil ein junges Paar mit Gesten mir etwas mitteilen wollten. Ah, ich möge doch von ihnen ein Foto machen, tat ich natürlich gerne; ihre nächste Bitte fand ich dann schon sehr lustig, mit Gesten zeigten sie mir, dass sie auch noch ein Foto von mir machen möchten; wusste nicht, dass mein Gesicht auch China bekannt ist; sie durften und die Vorstellung, dass mein Foto ein chinesisches Fotoalbum oder ein Nachtischchen ziert, ist sehr amüsant.
Kühe
Auf der Strasse lungerten immer Kühe herum; sie lagen einfach in der Mitte und bewegten sich nicht, weisse, kauende Kolosse. Die Auto- und Lastwagenfahrer umkurvten die Tiere ganz vorsichtig. ja kein Schaden dem Tier zufügen, das ist schlecht fürs Karma. Die Unberührbaren kümmerten sich um die Verdauungsextrakte und sammelten diese ein; sie werden gerocknet und als Brennmaterial weiter verkauft. Überhaupt ist diese Kaste nur mit dem schlechtesten Arbeiten beschäfftigt, Reinigung der Toiletten und Kanalisation, Strassen kehren und Abfall sammeln, eventuell noch Wäsche waschen.
Im Handwerksviertel der Altstadt ist ebenfalls alles nach diesem hinduistischen Prinzip angeordnet, Keramikhersteller, Topffabrikanten, Schneidereien, Schniede und die Mechaniker, die auch Fahrräder reparieren. Die Schmuck – und Seidenhändler waren anderswo angesiedelt, sie gehören auch einer anderen Kaste an; vorallem Silberschmuck und Saris wurden verkauft.
Die höchste Kaste sind die der Brahmanen; obwohl die Regierung Gesetze über Gleichberechtigung erlassen hat, fühlen sich viele Brahmanen den anderen überlegen; am Zoll zum Beispiel wollte eine Brahmanin sich vordrängeln, ein Polizist wies sie jedoch unwirsch an, sich wieder in die Reihe zu stellen.
Überhaupt wimmelt es in Indien von verschiedenen Religionen; in der Nähe lag ein Jain Tempel, eine Religion, die 6 v. Chr gegründet wurde; erstaunlicher Weise sahen wir ein Wandrelief, dass den Religionsgründer mit seinen Jüngern in einem Boot zeigt, das im Sturm zu kentern droht, scheint irgendwo auch anderswo noch bekannt zu sein. In den Anlagen der Hindi Tempel, die immer irgend einer Gottheit geweiht sind, tummeln sich Affen, die teilweise ziemlich agressiv sich gegenüber Besucher verhielten und Essen klauten; da sie als heillig angesehen werden, werden sie geduldet und teilweise verehrt.
Eine sehr grosse Minderheit sind die Moslems, immer wieder gibt es Krawalle zwischen fanatischen Hindus und den Moslems, wobei das Verbennen von Autos noch das harmloseste ist; sie sind unzufrieden, weil sie sich von der Hindu Mehrheit unterdrückt fühlen. Einer der häufigsten Berufe, die sie ausüben, ist der Beruf des Gerbers, denn kaum segnen die Kühe das zeitliche werden die Kadaver weg geschafft, gehäutet und zu Leder verarbeitet.
In Kerala steht die älteste Kirche in Indien, erbaut von portugisischen Missionaren vor 400 Jahren, ja auch das christliche Europa mischelt in diesem Religions Multi Kulti mit, sind aber genau wie das Judentum völlig unbedeutend.
2 andere Religionen, deren Wurzel hier liegend, sind Sikhismus und Buddhismus; die letzt genannte ist schwer zu verstehen, da sie gar kein Heilsbringen verspricht, sondern die Idee des endlosen Kreislaufes aufnimmt, der durch das Eintreten ins Nirwana beendet wird. In Indien ist Buddhismus nicht verbreitet, das Zentrum hat sich nach Ostasien, China und Japan verschoben; in China ist nicht so offensichtlich, wessen Religionstempel man gerade anschaut, da die pragatischen Chinesen Buddhismus mit Daoismus einfach verschmolzen haben, sicher ist sicher. Sympathisch an diesen östlichen Relgionen, vorallem dem Buddhismus, ist die Achtung vor dem Leben; wer bringt schon einen Gecko um, könnte ja sein, dass die gestorbenen Grossmutter als Gecko wieder geboren worden ist.
In den Grossstädten wie Dehli oder Bombay ist diese Multi religiöse Gesellschaft besonders gut beobachtbar, auch wenn Ehen zwischen unterschiedlichen Religiosngruppen oder Kasten fast nie vorkommen.
Wassertanks
Am Morgen war es noch am kühlsten; das Thermometer zeigte nur 28 Grad, weswegen die Exkursionen auf die Morgenstunden verlegt worden waren.
Die Gruppe fuhr auf den Fahrrädern aus der Stadt raus in die umliegenden Bauerndörfer. Da es nur einmal pro Jahr regnet, wurde vor langer Zeit Wassertanks gegraben, in denen das Wasser des Monsums gespeichert wird. Mit Schiebern wird es bei Bedarf in Kanäle eingelassen, die wiederum die Felder bewässern. Auf den Tanks schwammen Seerosen, Lotusblumen und andere Grünpflanzen. Die Kanäle waren schlammig und teilweise schon ausgetrocknet.
Auch die damaligen Herrscher liessen Seen graben, um an deren Ufern marmorne Sommerpaläste erbauen zu lassen, umgeben vom riesigen Trockenwäldern, die den Mahardschas als Jagdgebiet diente.
Irgendwie war das ganze Projekt verrückt; in Rajasthan, diesem Halbtrockengebiet nach Wasserpflanzen zu suchen. Aber Mr. Cook war nicht zum ersten Mal hier und wusste genau, wo er nach ihnen suchen musste. Wir wateten in den Kanälen und Feldern herum, er sammelte und bestimmte die Pflanzen; sogar endemische Arten hat er entdeckt, eine davon trägt nun seinen Namen. Das gesammelte Wissen sollte später zu einem Buch verarbeitet werden.
So gegen Mittag radelte die Gruppe zurück, es wurde zu heiss; um die 38 Grad waren nicht selten, was alle in bleierne Lethargie bzw. Siesta fallen liess. Der Trick um diese heissen Tage zu überstehen schauten wir den Einheimischen ab: gesüssten Tee trinken, kühlt interessanter Weise besser als Minerwasser.
Reifenpannen waren an der Tagesordnung; die Feldwege sind schlecht, Steine oder auch Metallstücke schlitzten die Pneus auf, weswegen die Fahrräder wieder im Handwerkerviertel zum Repaieren gebracht werden mussten.
Für grössere Distanzen wurden Taxis gemietet, Miss Meta fuhr ebenfalls mit; Herr Singh gab uns jeweils ein Lunch Paket mit, Chapati, Dal, Kartoffel, Mineralwasser; alles wurde im Kofferraum verstaut. Immer auf der Suche nach Wasserpflanzen fuhren wir den Tanks und den Kanälen entlang; einmal organsierte Herr Cook einen Besuch in einem Dorf, wo eine Minderheit wohnt. Das Spezielle ist, dass die Damen mit Silberschmuck überladen sind. Die Studentinnen durften von Nahen die Armreifen und – ringe ansehen und fotografieren, wir anderen wurde angewiesen, im Hintergrund zu warten. So kann es sein, dass bis zu 10 kg Schmuck am Körper mitgeschleppt wird; ein wandelnder Silberschmuckladen.
ausgemergelt
Kürzlich wurde ich am Abend bei der Tramaltestelle um Geld angebettelt; die Frau sah ausgemergelt und schlecht aus, weisses Gesicht, verkniffener Mund, schiefer Gang.
Boris hat mal erzählt, wie schwierig es ist, diesen Menschen zu helfen; oft sehen sie gar nicht ein, dass sie mit ihrer Hepatitis Erkrankung medizinisch versorgt werden müssten, sie sehen sich als gesund und munter an; sie haben irgendwann den Glauben an sich selbst verloren. Bei Nichtbehandlung folgen oft schwere Schädigungen des Gehirns. Eine Zwangseinweisung ist heute rechtlich viel schwieriger als früher und nützt bei fehlender Krankheitseinsicht sowieso nichts. Das Ende erfolgt in irgendwelchen Hinterhöfen oder sie werden von der Sanität auf der Strasse aufgelesen.
Ich gab ihr 2 Franken.
Agra
Agra war ätzend; wie viele indischen Touristenorte ist es für Europäer mühsam, sich in der Stadt zu bewegen, überall wird man belästigt, irgend ein Taxi zu nehmen, irgend in einem Hotel zu übernachten, irgend ein Müll zu kaufen, den man sowieso nicht braucht.
Wir fuhren von Dehli am Morgen früh mit dem Zug los, Cornelia und Angelika wollten von Agra weiter nach Varanassi, ich plante, mit den Abendzug zurück nach Dehli zu fahren.
Kaum angekommen im Bahnhof stürzten sich die Taxifahrer wie Geier auf uns, jeder wollte uns zum Taj Mahal fahren, das Gedränge war so gross, bis ein Polizist mit einem Knüppel die Fahrer aus dem Gebüude vertrieb. Wir beratschlagten kurz, was zu tun sei, traten nach draussen und steuerten zielstrebig auf eine Rikscha zu; nur so blieb uns ein nochmaliger Ärger erspart. Die Rikscha brachte uns zu diesem traumhaft schönen Grabmal, weisser Marmor, im Inneraum ausgkleidet mit Mosaiken und hauchdünnen Farbplättchen, Park mit Teichen, auf den 4 Ecken kleine Türme mit Kuppeln. Ein Guide führte uns durch das Monument.
Nach der Besichtigung trennten wir uns, die beiden Studentinnen gingen ein Hotel suchen, ich nahm eine Rikscha, die mich zurück zum Bahnhof fahren sollte; leider musste ich auf dem Rückweg noch eine Teppichfabrik ansehen, nur mit riesiger Mühe konnte ich dem aggressiven Teppichverkäufer glaubhaft machen, dass ich erst in Dehli meine Kreditkarte holen müsste, ich aber bestimmt nochmals vorbei kommen würde. Später erzählten mir die beiden Studentinnen, wie lästig es auch für sie gewesen sei, in das geplante Hotel zu fahren, weil der Fahrer ihnen unbedingt ein anderes empfehlen wollte.
Ich war erleichtert, wieder im Bahnhof zu sein; im Zug begann ich mir dann Sorgen zu machen, wie ich in Dehli vom Bahnhof wieder zum Hotel zurück fahren würde; irgendwie hat mir dieser Stress in Agra doch mehr zugesetzt als gedacht. Mir gegenüber sass ein junger indischer Geschäftsmann, wir kamen ins Gespräch, ich erzählte ihm auch vom Tag in Agra, was ihm irgendwie peinlich war, d.h. er schämte sich für seine Landsleute. Er bot mir, mich in seinem Auto ins Hotel zurückzufahren, was ich dankend annahm.
Es war schon tiefe Nacht in Dehli, als der Zug eintraf; auf den Bahnsteig, draussen vor dem Gebäude schliefen die Menschen auf Matten auf der Strasse, wir mussten richtig über sie hinwegsteigen. Der Wärter des Parkplatzes fing an, Autos hin- und herzufahren, damit der indische Geschäftsmann seinen Kleinwagen heraus fahren konnte.
Viel später begriff ich, dass nur diese Touristen Hot Spots wie Agra, Jaipur wirklich sehr mühsam sind, der Rest des Landes aber wimmelt von netten und hilfsbereiten Menschen, war wohl ein Fehler, als Greenhorn gerade mit dem mühsamen Teil des Landes zu beginnen.
Mah Jongg
Mah Jongg ist das Spiel des Landes; es wird überall gespielt, zu Hause, draussen auf der Strasse vor den Läden, im Entrée Bereich der Wohnhäuser.
Es wird zu viert gespielt; die Spielsteine bestehenden aus verschiedenen Motiven (Bambus, Kreis, Zahl, 4 Winde und drei Drachen) werden als 4 eckige Mauer aufgebaut, die die chinesische Mauer symbolisieren soll. Von dieser Mauer erhält jeder Spieler 13 Ziegel. Das Ziel ist, möglichst schnell seine Ziegel los zu werden. Die Regeln erscheinen am Anfang etwas kompliziert, doch man lernt schnell, welche Kombination nötig ist, um seinen eigenen Steinvorrat abzubauen.
Es gibt unzählige Variationen, man kann die abgelegten Steine zählen, mit Stäbchen die Punkte notieren etc. Ich habe vieles nie kapiert, oft wird auch eine fixe Rundenanzahl fest gelegt.
Unten in der Parterre Wohnung eines jeden Wohnblockes wohnt die Hauswartsfamilie; sie machen den Vorplatz sauber, leeren den Müll weg, der durch eine Klappe nach unten geworfen werden kann, putzen vielleicht das Treppenhaus und oft verkaufen sie auch noch Getränke und Snacks.
Jeden Nachmittag fand sich der ehemalige Schwiegervater ein und spielte mit den Damen der Hauswartsfamilie Mah Jongg, trank aus einer Theromflasche Tee; es wurde um kleine Geldbeträge gespielt, so 10 Yuen oder so. Beim Abendessen konnte man an seinem Gesicht ablesen, ob er gewonnern hat.
Auch der Schwager spielte Nächte lang mit seinen Freunden; abwechselnd wurde immer in einer anderen Wohnung gespielt. Am Morgen war diese zugequalmt, auf Tisch lagen Flaschen herum und er war meistens mürrisch, weil er verloren hatte.
Ich kaufte später ein solches Spiel und wir spielten es zu dritt.
Kürzlich lungerten drei Freunde bei mir herum und zur vorgerückten Stunde stellten wir das Spiel auf; ich hatte inzwischen die Regeln leider vergesssen und wir schufen halt neue.