Morgens um 8 war der Platz leer; nur Lieferwagen standen herum und luden für die Restaurants und Geschäfte die Waren aus. Die ganze Innenstadt ist Auto und Tram frei, ein Segen für Touristen. Am Rande des Marktes mit seinen Tuchhallen liegt die Marienkirche, der Ratsturm, die Franzisaknerkriche, Dominikanerkirche und andere Gebetshäuser. Die Innenstadt wird umsäumt von einer Parkanlage; warhscheinlich standen dort die Mauern und Gräben, die zu einem Park umgestaltet wurden; von den Befestigungen ist das Florianstor erhalten geblieben und restauriert worden.
Ein Bild des leeren Platzes im Chat führte zur Frage von Simon, ob ich unter seniler Bettflucht leide; es waren wohl eher die Schnarchgeräusche, die das Aufstehen massiv beschleunigten.
Ein Grund für den Reichtum sind die Steinsalzbergwerke in Wieliczka, die auf dem heutigen Tagesprogramm stehen. Die Minen wurden im 13. Jh. angelegt; vorher wurde das salzhaltige Wasser zur Gewinnung genutzt, aber im 12. Jh. begann es zur versiegen. Die Legende erzählt, dass die heilige Kunigunde aus Ungarn als Hochzeitsgeschenk Bergleute mitbrachte, die begannen, Schächte und Stollen zu graben, um das Salz zu fördern. Das Steinsalz ist grau und sehr hart, es wurde zu runden Laibern gehauen und verkauft. Man sagt, dass ein solches Stück Salz den Wert eines Dorfes besass. Die Arbeit war gefährlich, jedoch sehr gut bezahlt; der Monatslohnlohn der Mineure war so hoch wie der Wert einer Kuh.
Wieliczka liegt gut 20 Minuten im Osten der Stadt entfernt, weswegen die 4 Herren sich in ein sehr kleines Uber Taxi quetschten. Führungen der Minen werden in sehr vielen Sprachen durch geführt, wir entschieden uns dann doch für die deutsche. Die Gruppe bestand so aus 30 Personen, der Leiter war ein Physiklehrer; seine Erklärungen während der Tour waren witzig und sehr amusant. Der Einstieg begann mit dem Abstieg auf einer Treppe auf rund 60 Meter Tiefe; die Gänge sind sehr breit und hoch; die einzelnen Abbaukammern können bis zu 50 Meter hoch sein; wie erklärt wurde, taucht Steinsalz hier wie Linsen im Sandgestein auf, d.h. nach der Ausbeute einer solchen Linse mussten die Bergleute wieder neue Stollen graben, um eventuel eine neue zu finden. In einer dieser ausgebeuteten Kammer wurde eine Kirche reingebaut; alles ist aus Salz: die Altäre, die Kronleuchter, die Treppen. Später entstand in einem anderen Saal noch ein Hotel, in dem die Touristen 130 Meter unter Tags übernachten können.
Da die Tour schon knapp 3 Stunden gedauert hatte, war das Bedürfnis sehr gross, im Ort noch Essen zu gehen. Das Restaurant Sztolnia liegt gleich in der Nähe, und dort füllten wir unsere Mägen mit Kotletts, Rippchen und Burgern. Die beiden grossen Biere zur Mahlzeit führten zu einer gewissen Trägheit und der restliche Nachmittag verlief eher unstrukturiert. Eigentlich wollten wir noch das jüdische Viertel ansehen, und wieder so ein kleiner Uber brachten uns auch zum Neuen Platz. Aber nach ein paar Strassenzügen und der Besichtigung einer Synagoge, die gerade renoviert wird, verkroch sich die Gruppe am Neuen Platz in eine Bar und testete mal den hiesigen Wodka.
Da Vahid und Rodge den unterirdischen Markt noch nicht gesehen hatten, liehen Greg und ich den beiden die Krakau Card und gingen zurück in die Wohnung, um ein paar Bier zu trinken.
Der Abend franselte so vor sich hin, unterbrochen vom Abendessen im vietnameischen Restaurant Bonjour Pho, das gewählt wurde, weil nur eine leichte Mahlzeit als notwendig erachtet wurde, was beim genaueren Hinsehen dann doch nicht der Fall war.
Die Strassen waren voll von meist jungen Leuten, die in irgendwelche Clubs strömten, für die auf der Gasse Werbung gemacht wurde; da Vahid und Rodge den Abend unbedingt mit ein bischen Gras beschliessen wollten und eine Nachfrage am Nachmittag in den Hanfshops in der Stadt negativ verlaufen waren, führte Greg die Verhandlungen mit einem der Clubwerber. Nach längerem Gelabber war klar, dass das Gras erst in einer Stunde von der Freundin gebracht werden könnte; es wurde auch brav abgeholt, wobei dieser Teil der Geschichte an mir vorüber ging, da ich schon in Morpheus Armen lag, beziehunsgweise keine Lust verspürte, noch einen Joint zu rauchen.